Hochschul-Apps: Herausforderungen bei der Programmierung und Instandhaltung

Eine App, in der alle wichtigen Informationen rund um das Studium abgebildet sind, wünschen sich einige Hochschulen. Doch welche Herausforderungen bei der Programmierung und Instandhaltung bringt das Projekt „Hochschul-App” mit sich?

09.06.2020

von Isabella Zick

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close up of person holding smartphone in their hand

Es gibt Apps für jede Lebenslage – und auch das Studium ist hier keine Ausnahme. Denn auch am Hochschul-Campus wollen Studierende stets informiert sein und das am liebsten mobil. Laut einer Studie der Mobile Marketing Association Austria besitzen 97 % der Österreicher*innen ein Smartphone. Im täglichen Gebrauch nutzen alle 15- bis 29-Jährigen, die Digital Natives, das Internet auf ihrem Smartphone. Es ist also nicht verwunderlich, dass auf den digitalen Agenden der Hochschulen das Projekt „Hochschul-App” unter den wichtigsten rangiert.

Eine Hochschul-App hilft den Studierenden dabei, sich in ihrem Alltag häufiger mit den Inhalten der Hochschule auseinanderzusetzen und kann im Idealfall auch zu einer gesteigerten Aktivität im Studium führen. Für Hochschulen kann es ein Vorteil im Hochschulmarketing sein, den Studierenden eine App zur Verfügung zu stellen und darüber zu kommunizieren. Allerdings kommen mit der Programmierung und Instandhaltung einer solchen Hochschul-App auch zahlreiche Herausforderungen und viel Aufwand auf die Hochschulen zu.

Erwartungen an eine Hochschul-App

Digital Natives erwarten sich von einer Hochschule, auch mobil über alle Informationen betreffend des Studiums zu verfügen. Sie erwarten sich aber auch eine App am aktuellen Stand der Technik, mit höchsten Qualitäts- und Sicherheitsstandards und mit einer ansprechenden UX. Funktionen, die eine Hochschul-App auf jeden Fall abbilden sollte, sind eine Übersicht der Lehrveranstaltungen, Kalender, Noten und Verlinkungen zum Campus-Management-System oder Lernmanagement-System.

Herausforderungen bei der Programmierung oder: Woran manche App- Entwicklungsprojekte scheitern

Die große Herausforderung bei der Programmierung einer Hochschul-App ist die Komplexität der einzelnen Use Cases. Zu diesen besonders komplexen Anwendungsfällen zählt zum Beispiel ein Offline-Modus, bei dem die App auch ohne Internetempfang – zum Beispiel in alten Hochschulgebäuden mit dicken Mauern oder Kellergewölben – genutzt werden kann. Auch die Systemintegration der unterschiedlichen Smartphone-Betriebssysteme stellt eine große Herausforderung dar. Es liegt nahe, dass man sich als Hochschule schnell dafür entscheidet, gewisse komplexe Use Cases nicht abzubilden, auch wenn sie zu einer besseren Servicierung der Anwender*innen beitragen würden.

Mit einer Hochschul-App können Studierende mobil alle Informationen zu ihrem Studium abrufen. - Foto: Andrea Piacquadio, Pexels

Besonders an Hochschulen mit technischer Ausrichtung werden in Studierenden-Projekten oftmals Apps entwickelt. Vor allem im Rahmen von Bachelor- oder Masterarbeiten sind schon zahlreiche Hochschul-Apps entstanden. Doch viele dieser Projekte kennt man gar nicht – warum? Weil sie bereits im Prozess scheitern oder die fertige App von der Hochschule nicht veröffentlicht wird. Projekte die von Studierenden gestartet werden und erfolgreich sind, haben außerdem noch das Problem der Nachfolge: Wer wartet und betreut das Projekt, wenn der oder die Studierende mit dem Studium fertig ist? Wer kümmert sich um eine Weiterentwicklung, die in der Softwareentwicklung zwangsweise notwendig ist? 

Herausforderungen bei der Instandhaltung von Hochschul-Apps

Wird eine Hochschul-App oder ein Feature für die App programmiert, hat dieses Projekt einen Anfang und ein Ende. Anders ist es allerdings bei der Instandhaltung. Solange man ein Produkt unterstützt, muss man es auch warten. Apps müssen aufgrund von äußeren und inneren Einflüssen gewartet werden. Äußere Einflüsse beziehen sich auf die generelle Weiterentwicklung der Technologie und innere Einflüsse auf die Erwartungshaltung der Nutzer*innen oder die eigene Systemlandschaft.

Äußerer Einfluss – Weiterentwicklung der Technologie: Neue Betriebssysteme von Apple oder Android erwarten, dass auch die Technologie up-to-date gehalten wird. Wenn eine Technologie nicht mehr von den Betriebssystemen unterstützt wird, muss man die App auf eine neue Technologie migrieren. Ansonsten funktioniert die App gar nicht mehr oder nur noch eingeschränkt, kann nicht mehr installiert werden oder wird sogar aus dem Appstore entfernt. Der Qualitätsanspruch von Apple und Google steigt jährlich und darum braucht es laufende Instandhaltung, um diesen Ansprüchen zu entsprechen. Ein konkretes Beispiel: Apple wird ab Dezember 2020 keine Einsendungen von Apps annehmen, die UIWebView APIs verwenden. Eine App im Google Playstore muss ab August 2020 zumindest an Android 10 (API level 29) angepasst sein.

Äußerer Einfluss – Sicherheit: Auch bei dem sehr kritischen Thema Sicherheit gibt es ständig Weiterentwicklungen. Hier gilt es nicht nur, den State-of-the-Art zu erhalten, sondern auch, gesetzlichen Vorschriften zu entsprechen. Man muss also schon beim Veröffentlichen daran denken, wie die momentan aktuelle Technologie in Zukunft durch neue, sichere Technologie ersetzt werden kann. Ein Beispiel für diesen äußeren Einfluss: Mozilla hat im März 2020 die Security Protokolle TLS 1.0 und 1.1 deaktiviert, da diese Versionen veraltet waren und nicht mehr den aktuellen Sicherheitsstandards entsprochen haben.

Innerer Einfluss – Erwartungen der Nutzer*innen: Die Erwartungen der Nutzer*innen ändern sich im Laufe der Zeit. Während man zum Beispiel im Jahr 2000 alle Prüfungsergebnisse lieber per Aushang in der Uni bekommen hat, als per Mail, will man heute die Noten mobil und so schnell wie möglich erfahren. Eine App muss mit den Erwartungen der Nutzer*innen wachsen. Heute passiert dieser Wachstumsprozess schnell, weil große Player wie Apple und Microsoft gewisse Funktionalitäten rasch umsetzen und so die Erwartungen erhöhen.

Innerer Einfluss – Systemlandschaft: Wenn eine Hochschul-App maßgeschneidert auf ein System ist, kommt es bei der Umstellung auf ein neues System zum Lock-in-Effekt. Das bedeutet, die genaue Anpassung an ein System sorgt für große Barrieren beim Wechsel auf ein neues System. Eine große Rolle spielt hier die vorangehende Aktualisierung der App, die einige Monate vor der Systemumstellung passieren muss. In manchen Fällen muss die App auch komplett neu aufgebaut werden.

Große Erwartungen von Nutzer*innen

Wie bereits erwähnt, erwarten sich Nutzer*innen von Hochschul-Apps mobilen Zugriff auf alle Hochschulsysteme. Außerdem wollen sie auch auf andere Hochschul-relevante Systeme wie die Mensa zugreifen. Diese Erwartungshaltung entwickelt sich aber auch stets weiter. Momentan wird eine App dann gern genutzt, wenn sie ein ansprechendes Design hat, schnell und einfach funktioniert und man durch Push-Notifications mit den wichtigsten Infos versorgt wird.

Technologische Weiterentwicklung, Sicherheit, hohe Erwartungen der Nutzer*innen - in der App-Entwicklung gilt es viele Faktoren zu beachten. - Foto: Picjumbo, Pexels

Bei vielen Apps misst man den Nutzen an der Zahl der monatlich aktiven Nutzer*innen (MAU). Wird eine App nicht genutzt, verursacht die Entwicklung vor allem Kosten und kann irgendwann problematisch für den Ruf einer Institution werden. Hochschulen sind seit jeher diejenigen, die den Trend der Zeit vorgeben. Auch heute soll eine Hochschule Avantgarde sein und Menschen ausbilden, die dann wiederum den Trend der Zeit mitbestimmen. In einem so sichtbaren Bereich wie einer App braucht es daher besondere Sorgfalt, um eine nützliche und moderne App zu entwickeln und stets dem Trend der Zeit voraus zu sein.

“Mobile is becoming not only the new digital hub, but also the bridge to the physical world. That's why mobile will affect more than just your digital operations – it will transform your entire business.” – Thomas Husson, Vice President and Principal Analyst bei Forrester Research

Eine Verbindung zwischen der physischen Welt am Campus und der virtuellen Welt – das kann eine Hochschul-App sein. Um diese Verbindung so optimal wie möglich zu gestalten, braucht es viel Sorgfalt, ein offenes Ohr für die aktuellen Trends der App-Entwicklung und Ressourcen für Programmierung und Instandhaltung. Wer diese Faktoren aber berücksichtigt, ist auf einem guten Weg, einen Baustein dieser Brücke zwischen der physischen und der digitalen Welt zu entwickeln.

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