Alle zwei Jahre werden die Vertreter*innen der Studierenden neu gewählt – und wie jedes Mal werden Diskussionen um die Bedeutung der ÖH in der österreichischen Hochschullandschaft laut. Braucht es die ÖH noch? Wen wählt man überhaupt? Und welche Aufgaben hat die ÖH eigentlich? Wir haben einen Blick zurück auf die Entstehung der ÖH, die goldenen Jahre und die heutigen Herausforderungen geworfen. Das Ergebnis: Ja, die ÖH ist ein wichtiger Pfeiler der Hochschullandschaft – und deshalb sollten Studierende auf jeden Fall zur Wahl gehen.
1945: Die Entstehung der ÖH
Obwohl die Idee einer Hochschüler*innenschaft schon am Ende des 19. Jahrhunderts entstand, sollte die offizielle Gründung der ÖH noch bis 1945 dauern. Auf eine Verordnung der provisorischen Staatsregierung von 1945 hin, wird die „Österreichische Hochschülerschaft” auf Bundes- und Hochschulebene gegründet. Die zentralen Aufgaben dieser neuen Studierenden-Vertretungen: die Stärkung und Erhaltung des Demokratiegedankens an den österreichischen Hochschulen sowie die Förderung der Studierenden auf unterschiedlichsten Ebenen. Es wurde der Grundstein für verschiedenste Angebote zur Studienförderung und -beratung sowie für die späteren Wirtschafts-, Kultur- und Sportreferate gelegt. Nach dieser ersten Erwähnung wurde die studentische Selbstverwaltung schließlich 1950 im Hochschülerschaftsgesetz gesetzlich verankert.
Von Sozial-, über Bildungs bis Umweltpolitik
Von den Anfängen der ÖH 1945 bis in die 50er Jahre dominierten soziale Agenden die ÖH-Arbeit: wirtschaftliche Schwierigkeiten im Nachkriegs-Österreich trafen auch die Studierenden schwer, weshalb die ÖH mit Stipendien, Darlehen und Beihilfen für anfallende Kosten aushalf.
Mit steigenden Studierendenzahlen in den 1960ern kamen neue Herausforderungen auf: um auf die Budgetprobleme an den Hochschulen aufmerksam zu machen, veranstalteten die Studierenden einen einwöchigen Sitzstreik – danach wurde die Budgeterhöhung beschlossen. Ebenfalls durchsetzen konnte die ÖH den Beschluss des Studienbeihilfegesetz, mit dem sozial bedürftige Studierende seit 1963 unterstützt werden. Eine weitere Errungenschaft auf Gesetzesebene war das Allgemeine Hochschul-Studiengesetz 1966, das das Studienrecht modernisiert und vereinheitlicht.
Als „goldene Ära” der Hochschüler*innenschaft werden die 70er Jahre gesehen: in der Amtszeit der ersten Wissenschaftsministerin Österreichs werden die Studiengebühren abgeschafft, die Mitbestimmung von Studierenden an Hochschulen erhöht und der Zugang zum Studieren erleichtert. Zu den Bildungs- und Sozial-Agenden der ÖH kommt in diesem Jahrzehnt aber noch ein weiteres Thema hinzu: Umweltpolitik. Die Nachhaltigkeitsbewegung hat nun auch die Studierenden erreicht und gemeinsam wird beispielsweise in der Hainburger Au protestiert oder für den Ausbau der Radwege und fachgerechte Mülltrennung gekämpft.
Die 90er und 2000er waren von erfolgreichen Solidaritätsbewegungen aber auch Schwierigkeiten bei der erneuten Einführungen von Studiengebühren geprägt. Mehr zur Geschichte der ÖH können Sie hier nachlesen.
Die Bedeutung der ÖH heute
Gerade vor der alle zwei Jahre stattfindenden ÖH-Wahl werden immer wieder kritische Stimmen laut. Braucht es die ÖH noch? Ist die ÖH nur eine Erfolgsschmiede für spätere Parteipolitiker*innen? Die traditionell niedrige Wahlbeteiligung bei der ÖH-Wahl und das vermeintliche Desinteresse der Studierenden spielt diesen Kritiker*innen in die Karten. Es stellt sich deshalb die Frage: Was macht die ÖH heute eigentlich?
Sei es auf Bundesebene, an der eigenen Hochschule oder im jeweiligen Fachbereich: die ÖH ist heute fest im Studienalltag verankert. Von finanzieller bis psychologischer Beratung über Angebote für Schüler*innen und Studienanfänger*innen bis aktuelle Themen wie Corona- oder Klimakrise – die Studierenden der ÖH sind überall involviert. Besonders auf Ebene der Studienvertretungen passiert sehr viel Arbeit, die in der Diskussion rund um die Bedeutung der ÖH oftmals übersehen wird. Für die ehrenamtliche Arbeit stellen so manche ÖH-Vertreter*innen auch das eigene Studium hinten an – um andere Studierende in ihrem Studium zu unterstützen.
Auch der Dialog mit den Hochschulen und dem BMBWF ist essentiell. Die Bundesvertretung der ÖH ist nämlich Teil verschiedener Gremien und kann auch Gesetzesentwürfe, die Studierendenangelegenheiten betreffen, begutachten. Hier werden auch regelmäßig Vorwürfe der Parteinähe und Postenschacher laut – und die Studierendenagenden leiser. Gerade der politische Faktor sorgt daher bei vielen Studierenden zu Verdrossenheit gegenüber der ÖH als ganzes und damit einhergehend: eine sinkende Tendenz bei der Wahlbeteiligung an den ÖH-Wahlen.
ÖH-Wahl 2021: Im Zeichen der Corona-Krise
Um die geringe Wahlbeteiligung sorgt man sich bei der ÖH-Wahl 2021. Die Corona-Krise lässt die Studierenden in Österreich nach wie vor im Distance-Learning verharren, Studienanfänger*innen waren teilweise noch nie am Hochschul-Campus. Das erschwert den Mobilisierung zur Wahl enorm. Der Wahlkampf wird daher ins Netz verlegt: Fast das gesamte Budget für den Wahlkampf fließt in Online-Kampagnen, berichtete derStandard.at. Besonderer Augenmerk liegt in diesem Jahr auf der Briefwahl und den Hygiene-Konzepten für die Wahl an der Hochschule. Wie viele Studierende sich am Ende entscheiden werden, trotz Pandemie zur Wahlurne zu gehen, werden die nächsten Tage zeigen.