Wie ChatGPT den Bildungssektor revolutioniert: Was macht der Chatbot mit Studierenden und Hochschulen?

Seit Herbst letzten Jahres ist ein Programm in aller Munde: ChatGPT. Der Chatbot von Open AI schüttelt Texte aus dem Ärmel, dass so mancher blass vor Neid wird. Was bedeutet das für Abschlussarbeiten, Papers und Co.? Was der Bot alles kann und was das für Studierende und Hochschulen bedeutet, erfährst du hier.

21.03.2023

von Melanie Schönwetter

Teilen: Twitter iconLinkedin iconFacebook icon

ChatGPT (Generative Pre-trained Transformer) ist eine Künstliche Intelligenz (KI), die dazu in der Lage ist, mittels einfacher Texteingabe flüssige Texte in jeder beliebigen Länge und Tonalität zu erstellen – je nachdem, wie die Vorgaben an das Tool lauten. Dabei kann es auf die verschiedensten Fragen und Themen menschenähnliche Antworten generieren. Die Präzision des Tools ist dabei teilweise wirklich verblüffend. 

“Oh, gentle seeker, prithee lend thine ear
Whilst I regale thee with a tale most dear
Forsooth, I am ChatGPT, a wondrous creation
Trained in language, knowledge, and communication”

… Kommt zum Beispiel dabei raus, wenn man sich die KI selbst vorstellen lässt. Und zwar im Stil von Shakespeare!

Ganz schön krass. Aber wie funktioniert das? Chat GPT funktioniert durch die Verwendung von Deep-Learning-Modellen und Algorithmen, die es dem Tool ermöglichen, Antworten auf Anfragen zu generieren. Dies schafft der Chatbot, indem er auf riesige Datensätze von Texten und Informationen zugreift, die er während seines Trainingsprozesses gesammelt hat. Diese Flut an Daten nennt man auch Trainingsdaten.

Was das Tool kann – und was nicht

Das Tool kann so gut wie alles, was das Studierenden-Herz höher schlagen lässt: Texte zusammenfassen und interpretieren, Fragen beantworten, Texte und Aufsätze zu gewissen Themen schreiben, Themen und Strukturen für Seminararbeiten oder Bachelorarbeiten vorschlagen, sogar Codes schreiben und noch viel, viel mehr. Im Vergleich zu anderen Text generierenden KIs kann ChatGPT  sogar zwischen den verschiedenen Fragen und Antworten Zusammenhänge herstellen und ist auch darauf programmiert, moralisch fragwürdige Anforderungen zu hinterfragen.

Selbst die Zentralmatura kann das Programm bestehen, das hat die niederösterreichische Landesschülervertretung erst vor kurzem erfolgreich getestet. Aber nicht nur das, auch Prüfungen renommierter Universitäten absolvierte der Chatbot positiv, wie Professorinnen der University of Minnesota und University of Pennsylvania in einem Test herausgefunden haben. In diesem ließen die Prüferinnen der University of Minnesota den Chatbot an vier regulären Jura-Klausuren mitschreiben, bestehend aus 95-Multiple-Choice-Fragen und 12 Essay-Fragen. ChatGBT bestand mit C+. An der University of Pennsylvania erhielt der Bot sogar Noten zwischen B und B-. Jedoch stieß das Programm dabei auch an seine Grenzen, besonders bei komplizierten Fragen und Berechnungen, hat es lediglich mit dem mathematischen Niveau der sechsten Klasse abgeschnitten, heißt es im dazu veröffentlichten Paper. Ganz fehlerfrei ist das Programm also (noch) nicht. 

Die Bilder in diesen Blogpost wurden mit der bildgenerierenden KI Midjourney erstellt

Da ChatGPT mit Trainingsdaten gefüttert wurde, die nebenbei bemerkt nur bis ins Jahr 2021 reichen, ist auch sein “Wissen” begrenzt und teilweise lückenhaft. Das Programm kann schließlich nur so qualitativ hochwertig sein, wie auch das Trainingsmaterial, mit dem es gefüttert wurde. Dadurch kann es dazu führen, dass es auch die Meinung seiner aufgenommenen Daten annimmt. Wie stark das ausarten kann, hat Microsofts Chatbot “Tay”, der 2016 erschienen ist, bereits vorgemacht. Dieser wurde mit Trainingsdaten gefüttert, die auch Social-Media-Inhalte beinhalteten – und verbreitete in weniger als 24 Stunden nach Veröffentlichung rassistische Kommentare, Falschinformationen und Verschwörungsmythen. Daraufhin nahm das Unternehmen den Bot wieder offline. 

Bachelorarbeit leicht gemacht?

Können Studierende nun theoretisch einfach gewisse Themen eingeben, und ChatGPT spuckt dann ein ganzes Kapitel dafür aus? Das wäre zwar schön, funktioniert in der Realität aber leider nur semi gut. Der Bot generiert zwar plausibel klingende Inhalte, argumentiert recht glaubwürdig und verrät sogar die Quellen, die er dafür verwendet hat. Geht man diesen jedoch nach, führen sie nicht selten ins Leere oder wirken ziemlich fragwürdig. So halluziniert ChatGPT teilweise Studien herbei, die nie durchgeführt wurden, zitiert Papers, die es nicht gibt, und bringt gerne auch Fakten durcheinander – und das mit vollster, glaubhafter Überzeugung. Für wissenschaftliches Arbeiten also eher ungeeignet und nicht ganz ungefährlich.

Die generierten Bilder von Midjourney eignen sich gut, um Präsentationen oder Arbeiten zu untermauern

„Die Gefahr liegt nicht darin, dass Textgeneratoren das akademische Schreiben obsolet machen würden. Die Gefahr liegt darin, dass der KI Fähigkeiten zugeschrieben werden, die diese nicht besitzt, und sie somit schlimmstenfalls zur Quelle von Desinformation wird”, gibt Martin Rademacher, Projektleiter für das Hochschulforum Digitalisierung bei der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) Deutschland in seinem Beitrag zu bedenken. Aber immerhin für das Zusammenfassen und Entplagiatisieren von Textpassagen ist das Tool gut geeignet – solange man selbst nochmal kritisch Korrektur liest. Diesbezüglich bietet das Tool sogar eine Chance, um die eigene kritische Medienkompetenz zu trainieren.

Eine Frage, die sich in diesem Zusammenhang unweigerlich stellt, ist die des geistigen Eigentums. Wem gehören die Texte, die der Bot generiert? Sind sie Eigentum des Bots oder Eigentum des Inputgebers? Als Künstliche Intelligenz selbst hat das Tool jedenfalls kein Recht auf geistiges Eigentum – durch die Trainingsdaten kann es aber sein, dass sich hin und wieder ein Plagiat in seine Antworten mit einschleicht.

Was bedeutet ChatGPT für Hochschulen? 

Der Unmut über ChatGPT ist unter Professor*innen und Lehrenden groß. Nicht wenige befürchten das Aus für Hausaufgaben & Co. Denn wie könne man künftig kontrollieren, ob der geschriebene Text (oder sogar Code) nun wirklich aus menschlicher Feder stammt, oder nicht doch von einer KI geschrieben wurde? Open AI verspricht zumindest diesbezüglich eine Lösung, aber dazu später mehr. Ein Verbot an Schulen sei derzeit laut Bildungsministerium jedenfalls ausgeschlossen, berichtet der Standard. Stattdessen sollte man das Tool bewusst in den Lehrplan mit einbringen und im Unterricht thematisieren. Auch die Lehre und Forschung müssen sich an die neuen Gegebenheiten anpassen. Laut Universität Wien kann dies gelingen, indem mehr Fokus auf den Entstehungsprozess einer Arbeit gelegt wird und Fragen und Aufgabenstellungen für schriftliche Arbeiten und für deren Leistungsbeurteilung verändert werden. An der FH Campus Wien möchte man ab dem 1. August außerdem auf eine neue Plagiatssoftware umsteigen, die „neue Möglichkeiten” eröffnen soll.  

Ein Tool, das dabei helfen kann, künstlich generierte Texte auf die Schliche zu kommen, ist AI Text Classifier. Vom Schöpfer hinter ChatGPT selbst herausgegeben, nämlich Open AI, soll das Tool KI-generierte Texte erkennen und mittels Angabe einer Wahrscheinlichkeit klassifizieren, ob dieser Text selbst geschrieben wurde oder nicht. Zwar ist die Trefferquote des Tools derzeit noch nicht besonders hoch, aber mit einem so erfolgreichen Tool wie ChatGPT im Hintergrund ist zu erwarten, dass es sich in Zukunft weiterentwickeln und verbessern wird. Tools wie diese können zudem dabei helfen, dass wir immer besser darin werden, zwischen menschlich geschriebenen und künstlich generierten Texten zu unterscheiden.

ChatGPT: Unser Fazit

Künstliche Intelligenzen wie ChatGPT haben sowohl für Studierende als auch für Hochschulen Auswirkungen. Einerseits können Studierende das Tool für verschiedene Aufgaben wie das Zusammenfassen von Texten oder das Erstellen von Entwürfen für wissenschaftliche Arbeiten nutzen. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten, da das Tool nicht fehlerfrei ist und es zu ungenauen oder fragwürdigen Ergebnissen kommen kann. Auf der anderen Seite stellt ChatGPT auch für Hochschulen eine Herausforderung dar. Diese müssen Mittel und Wege finden, in Forschung und Lehre damit umzugehen und sich an die neue Entwicklung des digitalen Zeitalters anzupassen.

alle Blog-Einträge anzeigen