Es ist der erste Tag am Campus, man sucht nach dem richtigen Hörsaal oder einem Lernplatz in der Bib, lernt zum ersten Mal andere Studierende kennen. In ein Studium zu starten ist für alle Studierenden aufregend und voller Herausforderungen, die zum allerersten Mal gemeistert werden müssen. Doch es gibt auch noch zusätzliche Barrieren, die manchmal mehr, manchmal weniger sichtbar, dafür aber umso allgegenwärtiger sind – und Studierende mit Beeinträchtigungen sind damit im Studium laufend konfrontiert. Aus diesem Grund soll in diesem Beitrag das Thema Barrierefreiheit im Studium in den Fokus rücken:
Wie viele Studierende mit Beeinträchtigung gibt es überhaupt in Österreich und Deutschland? Wie gehen Hochschulen mit diesem Thema um? Und was trägt Studo zum Abbau von Barrieren am Campus bei? Lasst uns gemeinsam in dieses spannende Thema eintauchen!
Zahlen, Daten, Fakten: Studierende mit Beeinträchtigung
Laut der aktuellen Studierendensozialerhebung aus dem Jahr 2019 haben in Österreich 12 Prozent aller Studierenden – also rund 37.000 Personen – eine oder mehrere gesundheitliche Beeinträchtigungen, die das Studium erschweren. Dabei wurden psychische Erkrankungen und chronisch-somatische Erkrankungen am häufigsten genannt, gefolgt von Allergien, Teilleistungsstörungen, Seh- und Mobilitätsbeeinträchtigungen.
In Deutschland sind die Zahlen noch etwas höher: Für jede*r Sechste Studierende (16 %) wird das Studium durch eine oder mehrere gesundheitliche Beeinträchtigungen erschwert. Laut der Studie des Deutschen Studierendenwerks hat sich die Anzahl der Betroffenen in absoluten Zahlen von 2016 auf 2021 verdoppelt. Auch in Deutschland machen Studierende mit psychischen Erkrankungen die bei weitem größte Gruppe unter den „studienrelevant Beeinträchtigten“ aus.
Anlaufstellen an Universitäten und Hochschulen
Wie man aus diesen Zahlen schließen kann, sind Studierende mit Beeinträchtigung auf keinen Fall die Ausnahme. Um einen inklusiven und gerechten Zugang zu Hochschulbildung zu gewährleisten, werden österreichische und deutsche Hochschulen von Seiten der zuständigen Ministerien auch in die Pflicht genommen, ihre Studien so barrierefrei wie möglich zu gestalten. Denn: Schlussendlich profitieren von einer barrierefrei zugänglichen Hochschule alle. Genaueres dazu aber im nächsten Abschnitt.
Zuerst klären wir die Frage: Wer ist eigentlich an den Hochschulen für Fragen rund um Barrierefreiheit zuständig? An den öffentlichen Universitäten und vielen FHs und PHs in Österreich sind eigene Beratungs- und Serviceangebote für Studierende mit Behinderungen, chronischen Erkrankungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen eingerichtet. Diese heißen dann zum Beispiel Team Barrierefrei der Universität Wien oder Zentrum Integriert Studieren der Universität Graz. Außerdem gibt es noch übergreifende Organisationen wie Uniability, eine ARGE für Gleichstellungsfragen, oder Servicestellen wie GESTU. In Deutschland sind das Deutsche Studierendenwerk und Beauftragte an den einzelnen Hochschulen für Studierende mit Behinderung zuständig.
Am Campus und digital: So wird Studieren barrierefrei
Die Anlaufstellen an den Hochschulen haben zuallererst eine beratende Funktion: Zum einen helfen sie Studieninteressierten mit Beeinträchtigung dabei, alle Vorkehrungen für den Start ins Studium zu treffen. Allen Studierenden stehen diese Anlaufstellen dann bei Fragen rund um den barrierefreien Zugang zu Lehrveranstaltungen und Prüfungen zur Verfügung, helfen aber auch bei Beurlaubungen etc. weiter. Gegenüber den Hochschulen wiederum vertreten diese Anlaufstellen die Anliegen von Personen mit Beeinträchtigung, sie beraten bei baulichen und digitalen Projekten oder setzen sich für den Ankauf von Hilfstechnologie ein.
Studierende mit Beeinträchtigungen – aber beispielsweise auch Personen, die mit Kinderwagen etc. auf dem Gelände unterwegs sind – sollen sich am Hochschulcampus ohne Hindernisse bewegen können. Deshalb ist per Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz festgelegt, dass mögliche Barrieren durch Rampen, automatische Türöffner und angepasstes Mobiliar abgebaut werden sollen. Für Vorlesungen können Studierende eigene assistive Technologien und Hilfsmittel mitbringen – zum Beispiel Bildschirmlesegeräte. Je nach Standort gibt es beispielsweise auch induktive Höranlagen, mit denen Sprache direkt auf das Hörgerät übertragen wird, oder Sprachausgabe an Info-Terminals für blinde Studierende.
Natürlich spielt sich das Studieren heute aber auch stark im digitalen Raum ab. Auch hier gibt es erste Maßnahmen, um digitale Dokumente, Websites und Apps barrierefrei zu gestalten. So bieten Universitäten wie die Universität Wien beispielsweise einen Literaturservice an, der Bibliotheksliteratur digital und barrierefrei aufbereitet. Digitale Infrastruktur – zum Beispiel das Campus-Management-System oder Lernumgebungen wie Moodle – barrierefrei zu gestalten, liegt im Aufgabenbereich der IT-Abteilung.
Accessibility bei Software: Richtlinien für barrierefreie Websites und Apps
Obwohl die ersten Accessibility-Empfehlungen von WCAG bereits im Jahr 1999 veröffentlicht wurden, dauerte es noch rund 20 Jahre – bis 2018 – bis alle öffentlichen Stellen im EU-Raum tatsächlich dazu verpflichtet wurden, ihr digitales Angebot barrierefrei zu gestalten. In Österreich wird diese EU-Richtlinie durch das Web-Zugänglichkeits-Gesetz (WZG) umgesetzt, das deutsche Pendant heißt Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV). Betroffen sind von diesen Gesetzen auch öffentliche Universitäten und Hochschulen.
Nicht nur Websites, sondern auch Apps und weitere Softwareprodukte, die „dem Bund zuordenbar sind“, sollen barrierefrei gestaltet sein – mit diesem Ziel wurde 2023 im Frühjahr eine weitere EU-Richtlinie verabschiedet: Die EU-Richtlinie EN 301 549 v3.2.1 basiert auf den bereits genannten Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) – aktuell in der Version 2.1. Dieser verbindliche Standard legt fest, welche Kriterien Websites und mobile Apps in Bezug auf Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit erfüllen müssen.
Vorreiter: Studo App ist eine barrierefreie Studierenden-App
Wer sich Unternehmenswerte wie Inklusion an die Fahnen heftet, muss diese in vielerlei Hinsicht erfüllen – ganz besonders gilt das für uns aber im Bereich der Barrierefreiheit. Deshalb war für die Studo-Gründer*innen und unser Entwicklungsteam seit den Anfängen von Studo klar: Wir entwickeln die Studo App so, dass alle ein Studium eigenständig und selbstbestimmt organisieren können.
Da es lange keine offiziellen Richtlinien gab, hat sich unser Entwicklungsteam freiwillig zum einen an den WCAG-Richtlinien orientiert, zum anderen aktiv das Feedback von Studierenden mit Beeinträchtigung gesucht. So hat Studo-Gründer Valentin Slawicek beispielsweise schon von Anfang an immer wieder Studierende mit Sehbeeinträchtigung in Fokusgruppen befragt, die Studo App live testen lassen und dieses Feedback dann mit seinem Team eingebaut.
Auch heute ist diese Feedback-Schleife noch ein essentieller Baustein der Weiterentwicklung von Studo – auch in Bezug auf die Barrierefreiheit. Zusätzlich zu Nutzer*innen-Feedback kommen noch zwei weitere Prüfungen zum Einsatz:
Die Studo App wird jährlich anhand der WCAG-Richtlinien bzw. mittlerweile anhand der EU-Richtlinie EN 301 549 v3.2.1 in einem Audit-Prozess überprüft. Näheres dazu in unserer Barrierefreiheitserklärung.
Außerdem lassen wir die Studo App auch immer wieder von unseren Hochschulpartner*innen testen und bauen dieses Feedback ein. Zuletzt vom Team des Zentrums Integriert Studieren an der Universität Graz.
Wieso das Ganze? Gründe für eine barrierefreie App
Unsere erste Motivation für eine barrierefreie – oder möglichst barrierearme – Studo App war unser Unternehmenswert Inklusion und die Chancengleichheit, die wir unseren Nutzer*innen ermöglichen wollen. Darüber hinaus bedeutet eine barrierefreie App zu entwickeln aber auch, die Usability von Anfang an besser zu durchdenken und die App in ihrer Grundstruktur für alle Nutzer*innen freundlicher zu gestalten.
Egal ob im digitalen Raum oder auf dem „analogen“ Campus haben am Ende also alle etwas davon, wenn umsichtig und rücksichtsvoll geplant und gebaut wird. Deshalb geben wir unser Bestes, unseren Teil dazu beizutragen, Hindernisse abzubauen und das Ökosystem Hochschule für alle zugänglich zu machen.